Der Cheftrainer zieht eine Zwischenbilanz
Hinter unserem QHL-Team liegt eine ereignisreiche, erste Saisonhälfte. Was mit dem SuperCup-Sieg begann, endete am 23. Dezember mit der Festigung des zweiten Tabellenplatzes und führte bisher in den Viertelfinal des Mobiliar Schweizer Cups sowie zu starken Auftritten in der EHF European League Men. Unser Cheftrainer Goran Cvetkovic verrät im Interview, wo sein Team und er im Prozess und in der Entwicklung stehen.
Das erste halbe Jahr als Cheftrainer liegt hinter dir – was ziehst du für eine Zwischenbilanz?
Goran Cvetkovic: «Wie bereits zu Saisonbeginn vermutet, war es keine grosse Veränderung, die mein Wechsel hin zum Cheftrainer mit sich brachte. Klar habe ich eine neue Wahrnehmung vom Team und vom Umfeld dadurch mitbekommen, aber eine spezielle Veränderung sehe ich dabei nicht. Nicht im Umgang mit mir und sowieso nicht in meinem Umgang mit den anderen. Was das Daily-Business und die Erwartungen angeht, verläuft es meines Erachtens nach Plan. Ich sehe deshalb die ersten sechs Monate als Cheftrainer als ganz vernünftig an und nicht besonders anders als zuvor.»
Mit dem Meistertitel 2021 wurde auch ein Umbruch eingeleitet. Wo stehen wir in diesem Prozess?
Goran Cvetkovic: «Wir sind in dem Prozess voll drin, auch weil sich das Team in der ersten Saisonhälfte noch nicht so stabilisieren konnte, wie wir uns das gewünscht und vorgenommen haben. Dies aufgrund der Konstellationen und Veränderungen – wir mussten immer wieder auf neue Gegebenheiten reagieren. Deshalb ist das auch zu verstehen. Wir arbeiten als Team täglich an diesem Prozess, ohne dass dabei die sportlichen Ziele darunter leiden. Wenn man die Ergebnisse anschaut sind wir dementsprechend im Fahrplan.»
Die Pfadi-DNA ist dabei stark präsent, euer Selbstverständnis ist Spiel für Spiel spürbar. Hat sich dies mit dem Gewinn des Meistertitels als Druck oder Privileg herausgestellt?
Goran Cvetkovic: «Diese Pfadi-Auftritte, in denen unsere DNA seit jeher spürbar waren, waren sicherlich in einem gewissen Teil auch von mir mitgestaltet. Diese DNA hat sich durch meinen Wechsel hin zum Cheftrainer nicht verändert, zumindest von der Einstellung und der Identifikation her. Dies auch in Anbetracht dessen, wie wir uns nach einem Titelgewinn als Team präsentieren wollen. Dass die Spielweise oder der Spielstil etwas anders geworden sind, geht mit den Veränderungen im Kader einher. Die Grundwerte haben sich dabei aber nicht verändert – wir wollen unserem Weg treu bleiben.»
Wie beurteilst du das bisherige sportliche Abschneiden? Mit dem zweiten Tabellenplatz in der QHL, der Qualifikation für den Cup-Viertelfinal sowie mit den Auftritten in der EHF European League habt ihr unter den gegebenen Umständen das Maximale herausgeholt. Dementsprechend eine realistische Momentaufnahme?
Goran Cvetkovic: «Bei der Saison- und Kaderplanung definiert man selbstverständlich Saisonziele. Etappenziele und Meilensteine gehören da auch dazu, um die geleistete Arbeit und die genommene Entwicklung beurteilen zu können. Vor der Saison hätten wir gesagt, dass diese Momentaufnahme den Erwartungen entspricht. Bei genauerer Betrachtung der Entwicklung und der Ereignisse glaube ich weiterhin, dass diese gar realistisch ist. Wir haben sie mit unseren Auftritten verdient. Wir haben in keinem der drei Wettbewerbe versagt oder sind weg von unseren Zielen. Im Gegenteil, es ist überall noch immer alles möglich. Natürlich sind die Chancen auf europäischer Ebene dabei eher gering. In den nationalen Wettbewerben ist aber immer noch mit uns zu rechnen und unsere Ziele haben sich dort auch nicht verändert.»
Ihr habt bereits 24 Pflichtspiele absolviert. Hat sich die Investition in die Breite des Kaders ausgezahlt?
Goran Cvetkovic: «Ich sage es anders: Es hat sich leider ausgezahlt. Dies weil die Verletzungen und Ausfälle unerwartet gross waren. Das hat unserer Entwicklung nicht unbedingt geholfen. Im Sport ist es oft so, dass wenn die Breite und die Spieler vorhanden sind, die die gleichen Werte pflegen, dass dann einige davon profitieren. Wir stellen zufrieden fest, dass einige Spieler auf sich aufmerksam gemacht und eine schöne Entwicklung genommen haben. Wenn man es so betrachtet und mit den erreichten Ergebnissen kombiniert, war die Entscheidung, den Kader breiter zu gestalten, nicht ganz so falsch.»
Die Jungen haben dabei ihre Chance gepackt – wie zufrieden bist du mit ihrer Leistung?
Goran Cvetkovic: «Die jungen Spieler bringen eine etwas andere Motivation als die Erfahrenen mit. Deshalb würde ich lieber zwischen erfahrenen und unerfahrenen Spielern unterscheiden. Einige haben gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen ist. Sie haben auch im Trainingsbetrieb die Erfahreneren herausgefordert und so haben alle gegenseitig viel voneinander profitiert. Ich wünsche mir natürlich, dass sie sich in Zukunft noch mehr zeigen und mithelfen unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen.»
Die Erfahrenen haben geliefert – waren immer da. Wie wertvoll sind sie für den Prozess?
Goran Cvetkovic: «Der Vorteil bei den erfahrenen Spielern widerspiegelt sich in unserer Pfadi-DNA. Jene Spieler die beinahe zehn Jahre oder mehr den Weg mitgestaltet haben, bringen eine gewisse Selbstverständlichkeit mit, was deren Grundwerte anbelangt. All die Neuen haben in ihnen die richtigen Vorbilder. Die Erfahrenen haben ihre Rolle genau so interpretiert und gelebt, wie ich mir das als Trainer vorgestellt habe und wünsche. Dadurch ist eine wirklich gute Mischung entstanden, die zu einem guten Teamgeist geführt hat.»
Wo bzw. wie hat dich dein Team überrascht?
Goran Cvetkovic: «Man überlegt sich, wie man das Team gestalten, entwickeln und führen möchte. Es bleibt dabei immer auch ein wenig Spielraum für Überraschungen. Die können dann auf beide Seiten kippen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht geglaubt, dass wir so schnell auf die massiven Veränderungen ohne Leistungsabfall reagieren können. Sie waren in der Lage auf alle Umstände so zu reagieren, dass wir keine langfristigen negativen Phasen hatten. Und dies trotz der hohen Anzahl an Spielen. Das ist für mich eine echt positive Überraschung.»
Welche Highlights bleiben dabei hängen?
Goran Cvetkovic: «Die gibt es bei einem Zwischenziel wohl eher nicht. Ich bin da pragmatisch und erfolgs- sowie entwicklungsorientiert. Am ersten Spieltag war es unser Ziel, den SuperCup zu gewinnen. Das haben wir erreicht und das Thema damit erledigt. Dann war es natürlich so, dass wir unseren Erwartungen und unserem Standing als amtierender Schweizer Meister gerecht werden wollten. Das ist uns auch gelungen. Die Highlights kommen erst, darauf freue ich mich.»
Der zweite Teil des Interviews – der Ausblick auf das Kommende – folgt in einer Woche.